Ein Trauergespräch läuft nie genau gleich ab. Manchmal ist das mehr eine formelle Sache. Zuweilen kann es aber auch sehr emotional werden. Ich habe mittlerweile ein gutes Gespühr für diese Gespräche. Das kommt mit der Erfahrung. Man muss immer im Hinterkopf haben, dass dieser Moment für die meisten Angehören eine totale Ausnahmesituation ist. Für mich ist es natürlich Alltag.
Tendenziell ist es zu Wochenbeginn meist etwas stressiger. Ich habe aber keine Ahnung, woran das liegen könnte. Das ist vielleicht auch nur ein Gefühl von mir. In den Wintermonaten ist allerdings definitiv mehr los als im Sommer. Vielleicht weil betagte Menschen dann eher krank werden. Ich würde gern mal eine genaue Statistik dazu erstellen. Das wäre bestimmt spannend.
Es ist nicht so, dass ich für alle Todesfälle in Emmenbrücke aufgeboten werde. Gerade Menschen mit Migrationshintergrund haben häufig eigene Bestatter in den Ballungszentren, die sich dann um "ihre Leute" kümmern. Das hat sowohl kulturelle als auch ganz praktische Gründe. Diese Bestatter sind sich beispielsweise gewohnt, Rückführungen eines Leichnams in das Geburtsland durchzuführen. Wir können solche Dinge natürlich auch machen, es kommt allerdings nicht sehr häufig vor.
Ich wusste relativ früh, dass ich Bestatter werden wollte. Irgendwie hat mich das Thema Tod wohl schon immer fasziniert. Das klingt vielleicht etwas unheimlich, aber ein Arzt ist schliesslich auch an solchen Dingen interessiert. Klar muss ich häufig Fragen über meinen Beruf beantworten. Das macht mir aber nichts aus. Im Gegenteil: Ich räume gerne mit Vorurteilen auf.
Klar hängt meine Arbeit als Bildhauerin irgendwie mit dem Tod zusammen. Doch für mich ist das Thema nicht sehr präsent. Meistens ist auch schon ein bisschen Zeit vergangen, bevor die Angehörigen zu mir kommen. Da sind die Gefühle dann auch nicht mehr so frisch. Es ist eine sehr schöne Arbeit.
Mir ist wichtig, dass jede Arbeit ein Einzelstück ist. Ich produziere nichts von der Stange, auch wenn dieses Vorgehen auch in unserer Branche langsam Einzug hält. Ich nehme auch nicht jeden Auftrag an. Wenn die Angehörigen sich nicht mit mir einigen können, verweise ich sie an einen meiner Kollegen.
Nach 25 Jahren endet in der Schweiz die Grabruhe. Das heisst, die Gräber werden aufgehoben. Spezielle Grabsteine, die übrig bleiben, nehme ich dann zurück zu mir. Sei es, weil ich ich einen speziellen Stein verwendet habe, oder weil mir die Gestaltung besonders gefällt. Deswegen habe ich mittlerweile einen regelrechten Mini-Friedhof in meinem Atelier.
Als unser Krematorium dazumals seinen Betrieb aufgenommen hat, waren Feuerbestattungen noch ein Novum. Gerade in einem katholischen Kanton wie Luzern war das ein grosses Tabu. Mittlerweile lassen sich aber die meisten Menschen kremieren. Man merkt das auch an den Friedhöfen, die immer leerer werden.
Wir haben hier drei Öfen, wovon zwei jeweils in Betrieb sind. In jedem Ofen befinden sich drei Leichname in verschiedenen Stadien der Verbrennung. Die rückgewonnene Wärme verwenden wir, um dieses Gebäude zu heizen. Mit der übrig bleibenden Energie geschieht jedoch nichts. Aus ethischen Gründen.
Am Anfang hatte ich schon ein wenig Mühe mit der Art meiner Arbeit. Es ist allerdings nicht so dramatisch, da ich nicht wirklich mit den Verstorbenen in Kontakt komme. Ich sehe eigentlich den ganzen Tag nur Särge. Es ist für mich daher mehr eine rein mechanische, technische Arbeit.
Das ist der Sortiertisch. Hier sortieren wir aus der fertigen Asche Sargnägel und etwaige Prothesen aus. Wir werden häufig gefragt, ob wir beispielsweise Goldzähne Verstorbener für uns behalten. Aber bei den hohen Temperaturen, die während einer Verbrennung herrschen, bleibt von diesem Gold eigentlich nichts mehr übrig.
Für die meisten Menschen ist der Friedhof ein unheimlicher, bedrückender Ort. Dabei ist das doch eine wunderschöne Parkanlage. Meine Aufgabe ist es einerseits, diese Instand zu halten und andererseits, mit den Angehörigen die Beerdigung durchzuführen. Ich schätze diese Zusammenarbeit sehr und will immer mein Bestes geben, diesen Abschied so angenehm wie möglich zu machen.
Mit diesem Gerät werden die Särge in das Grab gelassen. Früher hatte man das noch mit Muskelkraft gemacht, was manchmal eine sehr wackelige Angelegenheit war. Heute ist diese Art der Bestattung selten geworden. Die Prister sind daher regelrecht aus dem Häusschen wenn dann wieder einmal eine Erdbestattung ansteht.
Ich bin vor jeder Abdankung ein bisschen nervös. Es darf einfach nichts schief gehen. Unsere Anzüge sind übrigens neu und sogar massgeschneidert. Das war auch bitter nötig. Ich glaube die letzte Generation Anzüge musste über dreissig Jahre hinhalten. Die Dinge auf dem Friedhof ändern sich eben nur sehr langsam.
Es kommt leider immer wieder mal vor, dass sich nach dem Ableben eines Menschen keine Angehörige finden lassen. Wir behalten diese Urnen etwa ein Jahr lang bei uns. Danach führe ich die Bestattung alleine durch. Ich nehme mir dafür auch genügend Zeit, weil ich jedem Menschen einen würdigen Abschied garantieren will. Den Anzug zieh dafür aber nicht extra an.