Saas-Grund
IN DER TRIFTALP
Es war noch im letzten Jahrhundert, als ein frommer, guter Mann in der Triftalp Hirte war. Schon
viele Sommer hatte er das Amt versehen. Eines Sommers aber - der Mann war schon mehr als
sechzig Jahre alt - war es auf der Alpe nicht mehr recht geheuer. Zweimal in der Woche fehlte dem
Hirten am Abend seine eigene schwarzgescheckte Kuh. Er konnte aufpassen wie er wollte, auf
dem Heimweg verschwand diese auf geheimnisvolle Weise. Kam der Hirte dann mit dem übrigen
Vieh bei den Alphütten an, sah er seine fehlende Kuh bei den sogenannten Mordsteinen. Sie war
dort umgeben von vielen grossen, schwarzen Kühen, die mit voller Wucht gegeneinander rannten
wie zum Kampfe. Dann sprangen sie in niedrige Höhlen hinein, kamen als kleine, rundliche Hexen
mit Kuhhörnern wieder heraus und belästigten die schwarzgescheckte Kuh. Das dauerte eine
Weile. Dann begleiteten die sich ständig wandelnden Tiere die Kuh des Hirten auf dem Heimweg
und nahmen sie dabei schön in die Mitte. Wie sie zum ersten Steg kamen, wo es auf einer Tafel
hiess: "Gelobt sei Jesus Christus!", verschwanden die sonderbaren Begleiter. Die Kuh des Hirten
tropfte vor Schweiss und ging zitternd den Hütten zu.
Das dauerte mehrere Wochen lang, bis der Pfarrer von Saas-Grund die Alpe segnete. Dann hörte
es auf.