Raron
DER HEIDNISCHBIEL
Gegenüber dem Rotigo-Haus zwischen Raron und Sankt German erhebt sich ein hoher, ziemlich
ausgedehnter Kalkfelsen, den eine Humusschicht deckt. Der recht romantisch aussehende Felsen
bildet Hügel und Vertiefungen, trägt Kornäcker und Weideflächen und hie und da Spuren von
einstigen Gebäuden. Dieser Hügel selbst heisst seit undenklichen Zeiten Heidnischbiel und die
Überlieferung meldet, es sei in vorchristlicher Zeit auf seinem Scheitel ein Götzentempel
gestanden und das Gelände ringsum sei eine heidnische Ansiedelung gewesen. Ergeht man sich
auf den sonnigen Hängen des Heidnischbiel, so findet man nicht selten von Zeit und Witterung
gebleichte und verkalkte Knochen und Splitter, von denen das Volk sagt, es seinen die Überreste
der Opfertiere aus jener Heidenzeit. Mehrmals erregten sie schon die Aufmerksamkeit der
Forscher.
In dieser Gegend war es nicht immer geheuer. Oft wollte man bei nächtlichen Gängen von Raron
nach St. German oder umgekehrt, hier Ungeheuer und Schreckensgespenster bald in Gestalt
eines riesigen Hundes, bald eines schwarzen Widders oder Ziegenbocks mit glühenden Augen
und flammender Zunge gesehen haben.
Im Innern des Heidnischbiel soll sich ein grosser Schatz aus der Heidenzeit befinden. Ein Gang
führt hinein. Daraus strömt der kalte Hauch einer Kröte, die diesen Reichtum da bewacht. Wer das
Gold besitzen möchte, muss dieser Kröte einen Kuss geben.