Lötschental
DER BRÄTSCHIMANN
Unterhalb der Alpe ‚Bliändu‘ liegt ein Berggut mit Namen Brätschi. Dort soll früher ein kinderloses
Ehepaar gewohnt haben, das aber einen Bettelbuben an Kindes Statt angenommen hatte.
Die Frau war eine Plaudertasche. Eines Abends sagte ihr Mann ganz im Vertrauen zu ihr: "Ich
habe einen erschlagen und im Keller verborgen, sag’s niemandem!" Die Frau versprach es heilig,
musste es aber doch dem Buben sagen. Dieser erzählte es im Vertrauen weiter, die Frau
ebenfalls. So kam es schliesslich der Obrigkeit zu Ohren.
Der Brätschimann war nicht wenig überrascht, als eines Tages, als er vor dem Hause Holz
spaltete, die Obrigkeit zu ihm kam und fragte: "Man sagte uns, du habest einen erschlagen.
Stimmt das?" - "Ja, kommt nur uns seht ihn!" Dabei öffnete er die Kellertür und zeigte ihnen einen
Ziegenbock, den er erschlagen, ausgeweidet und eingesalzen hatte. Der verdutzten Vorstehern
predigte er: "Ich gebe jedem Menschen den Rat, seiner Frau nichts anzuvertrauen, was nicht an
die Öffentlichkeit kommen soll." Und dem Bettelbub sagte er: "Du kannst jetzt mit diesen Herren
gehen, du hast auch mitgeholfen!"